Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 1. August 2012

Bearbeitungsgebühr in Darlehensvertrag rechtswidrig – Bank rechtskräftig zur Rückzahlung verurteilt

Das Amtsgericht Offenbach am Main hat am 04.07.2012 eine Bank dazu verurteilt, an ihren Bankkunden die für einen Darlehensvertrag erhobene Bearbeitungsgebühr zurückzuzahlen (AG Offenbach/M., Urt. v. 04.07.2012 – 380 C 33/12).
Der Kläger hatte bei einer Filiale einer weltweit tätigen Großbank im Jahr 2010 ein Darlehen aufgenommen. Dabei erhob die Bank eine Bearbeitungsgebühr für die Ausreichung des Darlehensbetrages in Höhe von EUR 700,00, entsprechend 3,50 % der Kreditsumme. Dieser Betrag wurde seitens der Bank zur eigentlichen Darlehenssumme hinzugerechnet.
Das Gericht folgte der Ansicht der klagenden Bankkunden und verurteilte die Bank zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr nebst Zinsen. Begründet wird die Entscheidung damit, dass die vertraglichen Pflichten des Bankkunden im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 488 I BGB klar und endgültig geregelt sind. Kommt ein Darlehensvertrag zustande, ist die Bank verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in vereinbarter Höhe zur Verfügung zu stellen und der Bankkunde ist verpflichtet, einen vereinbarten Zinssatz an die Bank zu zahlen. Für weitere Gebühren und versteckte Kosten lässt diese Regelung keinen Raum. Auch nicht für derartige Bearbeitungsgebühren.
Die Bank hatte versucht, die erhobene Bearbeitungsgebühr damit zu rechtfertigen, dass es sich um eine individuelle Absprache zwischen Bank und Kunden handele, welche der Inhaltskontrolle durch das Gericht entzogen sei. Dieser Einwand griff jedoch nicht, da die Bank nicht darlegen konnte, dass zwischen den Vertragsparteien ein solcher Betrag im Einzelnen ausgehandelt wurde. Vielmehr wurde der Aufschlag durch die Bank willkürlich bestimmt und auf den Kunden abgewälzt. Zu dieser Überzeugung gelangte das erkennende Gericht, das die Frage aufwarf, welche Leistung überhaupt mit der einmaligen Bearbeitungsgebühr abgegolten werden sollte.
Nach Auffassung des Gerichts steht fest, dass die Bearbeitungsgebühr lediglich dem Interesse der Bank dient und die Abwälzung der Kosten –z.B. für die Bonitätsprüfung- im klaren Gegensatz zur gesetzlichen Regelung steht und ist folglich unwirksam ist.
Der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Matthias Schröder, dessen Kanzlei das Urteil erstritten hat, weist daraufhin, dass identische oder ähnliche Gebühren in der Vergangenheit von zahlreichen Banken erhoben wurden. „Bei höheren Kreditsummen können hier schnell einige tausend-EUR von der Bank zurückgefordert werden“, so Schröder, der auch darauf verweist, dass erst im Mai 2012 der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen die Entgelt- und Auslagenpraxis der Banken als teilweise rechtswidrig einstufte (BGH, Urt. vom 08.05.2012 – XI ZR 61 und 437/11).

Donnerstag, 19. Juli 2012


Pressemitteilung, 13.07.2012



CFB-Fonds 130 Deutsche Börse ist überschuldet – 2. 500 Anleger sollen unter Zeitdruck fragwürdigem Lösungskonzept am 19.07.2012 in Düsseldorfer Eishockeyhalle zustimmen

Der geschlossene Immobilienfonds CFB 130 ist angeblich akut insolvenzgefährdet. Die Fondsgesellschaft ist überschuldet und kann die jährlichen Zahlungsverpflichtungen von rund sieben Millionen Euro in den nächsten Jahren nicht erfüllen. Dies teilt die Fondsinitiatorin Commerz Real Fonds Beteiligungsgesellschaft mbH (Commerz Real) mit und beruft sich auf ein aktuelles Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche. Den rund 2.500 zu meist privaten Anlegern wird in einem Schreiben vom 9. Juli eröffnet, dass spätestens am 23. Juli 2012 Insolvenz angemeldet werden müsse.

Die Insolvenz des Fonds, die mit einem Totalverlust für die Anleger enden würde, soll mit dem Beschluss eines sogenannten "Lösungskonzepts" auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 19. Juli 2012 im Düsseldorfer ISS Dome, in dem ansonsten der Düsseldorfer Eishockeyverein DEG Metro Stars seine Heimspiele austrägt,  verhindert werden.  Die Anleger werden weiter darüber informiert, dass für den Fall der Pleite deren  Haftung wiederauflebe. Dies bedeutet, dass die Ausschüttungen der Vergangenheit von den Anlegern zurückgezahlt werden müssten.

Ursache für die akute Insolvenzgefahr ist die weiter erfolglose Suche nach einem neuen Mieter seit dem Auszug der Deutschen Börse.  Die im Jahr 2000 eingeweihte Immobilie steht seit längerem leer. Das Lösungskonzept, um dessen Zustimmung geworben wird, soll Anleger u.a. von der drohenden Nachhaftung befreien. Ein Unternehmen aus dem „Kreis der Commerz Real AG“ soll die Immobilie erwerben und dieses „ggf. auch an die Commerzbank vermieten“. Im Schreiben an die Anleger wird diesen eine Art Besserungsschein in Aussicht gestellt. Der Erwerber der Immobilie soll sich verpflichten, 60 % eines etwaigen Mehrerlöses an die Anleger zu zahlen. Der potentielle Erwerber soll  alle Verpflichtungen übernehmen. Der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Matthias Schröder, der zahlreiche CFB-Fonds-130-Anleger vertritt, kritisiert die Vorgehensweise der Fondsinitiatoren.  „Da die Gesellschaft nach wie vor über 12,1 Mio. liquide Mittel verfüge, die nach Darstellung der Verantwortlichen bis Ende 2013 reiche, ist der aufgebaute zeitliche Druck überhaupt nicht nachvollziehbar“, so Schröder. Seine Klienten haben die Schreiben mit gewöhnlicher Post am 12.07.2012 erhalten und sollen mitten in der Ferienzeit innerhalb einer Woche das Lösungskonzept prüfen,  um dann am 19.07.2012 nach Düsseldorf zu fahren, um eine folgenschwere Entscheidung zu treffen. Weiter fragt sich Schröder, weshalb die Commerzbank AG, die als potentieller Mieter für die Zeit nach der Veräußerung der Immobilie genannt wird, nicht ohne den vorherigen Verkauf der Immobilie als Mieter einzieht. Die Commerzbank AG hat schließlich die Beteiligung den Anlegern damals empfohlen und steckt in der Verantwortung, so Schröder weiter. Es sei nicht einzusehen, dass sich eine Gesellschaft aus dem Kreis der Commerz Real AG zuvor die Immobilie zum niedrigen Buchwert schnappe, kritisiert Schröder. Das sog. Lösungskonzept kann nach Auffassung Schröders von den Anlegern nur als Affront verstanden werden. Anlegern rät Schröder, dem Lösungskonzept nicht auf die Schnelle zuzustimmen und im Übrigen Schadensersatzansprüche gegenüber der seinerzeit beratenden Commerzbank gerichtlich geltend zu machen.

Dienstag, 3. April 2012

Vorschau auf Urteilsbesprechung: OLG Frankfurt am Main - 19 U 124/11

A.      Problemstellung


Um die Pflicht zur anlegergerechten Beratung zu erfüllen, muss die beratende Bank grundsätzlich in jedem Einzelfall prüfen, ob ein von ihr empfohlenes Wertpapier den Vorstellungen und den Vorgaben des Anlegers gerecht wird (anlegergerechte Beratung) und des Weiteren alle für die Anlageentscheidung risikorelevanten Umstände von wesentlicher Bedeutung mitteilen (objektgerechte Beratung). Seit dem Jahre 2008 und den massenhaft eingetretenen Schäden mit so genannten „Zertifikaten“ beschäftigen sich die Instanzgerichte mit Beurteilungen, wie riskant die unterschiedlichen Zertifikate sind, ob sie zu den Vorgaben und Vorstellungen der Anleger passten und was im Einzelnen in Bezug auf die Risiken mitzuteilen war. Die hier besprochene Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main berücksichtigt bereits die ersten beiden Entscheidungen des BGHs vom 27.09.2011 zu Zertifikaten von Lehman Brothers (BGH, Urt. v. 27.09.2011 - XI ZR 178/10 und 182/10), deren schriftliche Begründungen einen Monat vor der hier verkündeten Entscheidung veröffentlicht wurden.

B.      Inhalt und Gegenstand der Entscheidung


Das Oberlandesgericht hatte sich mit dem Rechtsmittel einer erstinstanzlich unterlegenen Sparkasse zu beschäftigen, die vom Landgericht in der Hauptsache vollumfänglich zum Schadensersatz verurteilt wurde. Die Anleger erwarben nach einem Beratungsgespräch am 24.01.2007 für rund 20.000 Euro ein Zertifikat des Emittenten Merrill Lynch. Das Zertifikat mit einer Laufzeit von maximal vier Jahren war als Alpha-Expresszertifikat ausgestaltet und setzte als Basiswert auf den Vergleich bzw. die Besserentwicklung eines vom Emittenten des Zertifikates berechneten Index gegenüber dem DAX-Index. Am 08.03.2011 wurde das Zertifikat durch die Emittentin zurückgezahlt. Hierbei entstand den Anlegern ein Verlust in Höhe von rund 6.000 Euro. Die Kläger reklamierten eine nicht anleger- und nicht objektgerechte Beratung durch die beklagte Sparkasse. Die Sparkasse verteidigte die Beratung als pflichtgemäß und erhob die Einrede der Verjährung nach § 37 a WpHG a.F. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben, weil gegen die Pflicht zur objektgerechten Beratung vorsätzlich verstoßen worden sei. Das Landgericht hat mehrere Verstöße gegen notwendige Hinweispflichten festgestellt, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weder vom Anlageberater mündlich erteilt wurden, noch den verwendeten schriftlichen Produktinformationen entnommen werden konnten. Unter Hinweis auf höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 17.09.2009 - XI ZR 264/08 und OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 08.12.2010 - 19 U 22/10) ist das Landgericht von einer Beweislastumkehr ausgegangen, da der vom Landgericht als zumindest unvollständig gewürdigte Produktflyer Verwendung fand. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichts gehalten und in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine Verletzung der erforderlichen Aufklärungspflicht hinsichtlich des allgemeinen Emittentenrisikos festgestellt.



C.      Kontext der Entscheidung

Zur grundsätzlichen Aufklärungsbedürftigkeit hinsichtlich des allgemeinen Emittentenrisikos verweist das OLG Frankfurt am Main auf das Urteil des BGH vom 27.09.2011(BGH, Urt. v. 27.09.2011 - XI ZR 182/10 Rn. 26). Das Oberlandesgericht benutzt in diesem Zusammenhang den Begriff des "allgemeinen Emittentenrisikos", nachdem der BGH den vorgenannten Begriff zusammen mit dem hiervon zu unterscheidenden "konkreten Emittentenrisiko" quasi als Terminologie einführte und stellt fest, dass das Landgericht von eben diesem allgemeinen Emittentenrisiko spricht, wenn dort von der Gefahr der Illiquidität der Emittentin und dem Totalverlustrisiko die Rede ist.

Donnerstag, 19. Januar 2012

Sparkasse nimmt Revision in Lehman-Prozess kurz vor der mündlichen Verhandlung beim BGH zurück

Sparkasse nimmt Revision in Lehman-Prozess kurz vor der mündlichen Verhandlung beim BGH zurück
XI ZR 411/10

Anlegerfreundliche Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zur Aufklärungspflicht über Provisionen damit rechtskräftig

Am 14. Februar wollte der Bundegerichtshof erneut über einen der sog. „Lehman-Fälle“ verhandeln. Ein Anlegerpaar aus Frankfurt am Main hatte nach der Insolvenz von Lehman im Jahre 2008 geltend gemacht, dass sie nicht über die von Lehman an die beklagte Sparkasse gezahlten Provisionen aufgeklärt worden seien. Im Januar 2007 investierten der Kläger und seine Ehefrau auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 50.000 € in eine "Alpha Express-Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines virtuellen Aktienkorbes sein, in den die dreißig dividendenstärksten Titel Europas Eingang fanden (DJ EURO STOXX Select Dividend 30 Index). Die Rückzahlung sollte neben dem eingesetzten Kapital - in Abhängigkeit von der relativen Kursentwicklung an bestimmten Stichtagen - gegebenenfalls einen Bonus umfassen. In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des um die sogenannte Underperformance des Aktienkorbes im Vergleich zum DAX Index gekürzten Nominalbetrages vorgesehen, was zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen konnte. Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen zuzüglich fiktiver Anlagezinsen.

Das Landgericht (LG Frankfurt/Main - Urteil vom 21. Mai 2010 - 2/19 0 291/09) hat der Klage bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 3. November 2010 - 17 U 111/10).

Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten bejaht. Die Beklagte hafte schon deshalb, weil sie den Kläger und dessen Ehefrau im Beratungsgespräch unstreitig nicht über die von ihr vereinnahmte Vertriebsprovision in Höhe von 5 % aufgeklärt habe. Zwar liege keine Rückvergütung im Sinne der „Kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, allerdings komme es für die Begründung einer Aufklärungspflicht auch nicht auf die begriffliche Bezeichnung an. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Da neben dem Umstand, dass die Beklagte überhaupt eine Vertriebsprovision erhalten habe, auch deren konkrete Höhe zu offenbaren sei, könne im Übrigen die Produktinformation die Beklagte nicht entlasten; denn dort sei lediglich allgemein die Möglichkeit der Zahlung einer Vertriebsvergütung genannt.

Nachdem der XI. Zivilsenat anlässlich seiner ersten beiden Urteile in Sachen Lehman sehr deutlich darauf hingewiesen hatte, dass zahlreiche Revisionen mit sehr unterschiedlichen Sachverhalten anhängig seien und auch anlegerfreundliche Entscheidungen in Betracht kommen, wurde mit Spannung den nächsten Verhandlungen entgegen gesehen. Der BGH hatte zwei Verfahren ausgewählt, eines davon das hier interessierende gegen die Frankfurter Sparkasse. Rechtsanwalt Matthias Schröder, der die Anleger vor dem OLG Frankfurt am Main vertreten hatte: „wir waren uns so sicher, wie man nur sein kann, dass die in diesem Fall feststehende Gestaltung der Provisionszahlung zwischen Bank und Lehman vom BGH sanktioniert worden wäre“. Der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und  Kapitalmarktrecht sieht in dem hier interessierenden Fall gravierende Unterschiede zu den Fällen, die im September 2011 vom Senat zu Gunsten der Bank entschieden worden; z.B. lag kein sog. „Eigenhandel“ und kein „Festpreisgeschäft“ vor. Schröder freut sich für seinen Mandanten und hätte dennoch den Sieg gerne auf dem Spielfeld und nicht durch Aufgabe des Gegners errungen. Es war für den Rechtsanwalt das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass die Frankfurter Sparkasse eine Entscheidung des 17. Zivilsenates des OLG Frankfurt mit der Revision angegriffen und dann kurz vor der Verhandlung aufgegeben hat.   

RA Matthias Schröder

Kaiserhofstr.10

60313 Frankfurt am Main

Tel. 0175/5270727 

Mittwoch, 18. Januar 2012

Klage gegen HSBC i.S. Madoff beim Landgericht Frankfurt am Main eingereicht


Beim Landgericht Frankfurt am Main ist seit dem 31.12.2011 eine Klage gegen die HSBC Bank of Bermuda Limited, Grand Canal Harbour, 1 Grand Canal Pl, Dublin 8, Irland, sowie die HSBC Trinkhaus & Burkhardt AG, Königsallee 21/23, 40212 Düsseldorf anhängig. Hintergrund ist der Erwerb von Fondsanteilen des Thema Hedged US Equity Fonds durch einen deutschen Privatanleger. Der Kläger der von RA Matthias Schröder, LSS Rechtsanwälte, Frankfurt am Main, vertreten wird, klagt ca. EUR 650.000,00 ein. Die Klageforderung hängt mit dem Betrugsfall des New Yorker Börsenmaklers Bernard Madoff (fortan: Madoff), der, wie im Dezember 2008 bekannt wurde, seit den 80er Jahren durch seine Firma Bernard L. Madoff Investment Securities LLC (fortan: BMIS) ein breit angelegtes Schneeballsystem betrieben hatte. Von diesen betrügerischen Verstrickungen blieben auch deutsche Anleger nicht verschont. Denn der hier streitgegenständliche irische „Thema Fund“, in den zahlreiche in Deutschland vertriebene Dachfonds, institutionelle Anleger und Privatanleger investierten, ist von den Machenschaften direkt betroffen. Die mit dem Portfoliomanagement betraute Bank leitete diese Aufgabe nach Auffassung des Klägers an BMIS weiter. Da auch die Depotbank des streitgegenständlichen Fonds die Verwahrung der Vermögensgegenstände an die BMIS übertrug, konnte Madoff eingenommene Gelder ohne Umwege in sein Schneeballsystem investieren. Deutsche Anleger wurden einerseits mittelbar geschädigt, indem sie in Dachfonds investierten, die wiederum Teilbeträge in die Madoff-infizierten Fonds wie den hier streitgegenständlichen irischen Thema Hedged US Equity Funds (IE 0030487957) investierten. Die genauen Umstände der Verflechtungen der Investmentfonds mit dem System Madoff sind auch 2,5 Jahre nach der Aufdeckung des Madoff-Skandals nicht in allen Einzelheiten geklärt. Die mit der Verwahrung betraute Depotbank hat einen Unterverwahrer eingesetzt, hinter dem Madoff gestanden hat. Dabei handelte sie den der Depotbank obliegenden Pflichten zuwider. Denn die Einschaltung einer rechtlich und organisatorisch getrennten neutralen Stelle in Form der Depotbank soll den tatsächlichen Bestand des Sondervermögens garantieren und die Ordnungsmäßigkeit der Abwicklung der Geschäfte im Interesse der Anleger sicherstellen. Zu den Aufgaben der Depotbank gehören u.a.: -die Verwahraufgabe nach § 24 InvG; die Zahlung und Lieferung aus dem Kauf, Verkauf sowie Verwaltung von Vermögensgegenständen des Investmentvermögens nach § 25 InvG;    Überwachung zustimmungspflichtiger Geschäfte nach § 26 InvG; Übernahme von Kontrollaufgaben nach § 27 InvG. Das Portfoliomanagement des Thema Fonds wurde an BMIS übertragen. Das Gleiche tat auch die für den Fonds verantwortliche Depotbank. Da die Depotbank Zugriff auf das Depotvermögen hatte, konnte es überhaupt nur passieren, dass in den Vermögensaufstellungen und Rechenschaftsberichten des Fonds Vermögensgegenstände auftauchten, die tatsächlich nicht vorhanden waren. Mithin wird der Depotbank eine Pflichtverletzung und eine sittenwidrige Schädigung vorzuwerfen, da sie die aufgelisteten Pflichten ohne jede Kontrolle in die Hände eines Drittunternehmens gab. Laut Fondsprospekt ist die Bermuda Trust (Dublin) Ltd (Teil der Bank of Bermuda Group) die im Fondsprospekt benannte Depotbank des streitgegenständlichen irischen Thema Hedged US Equity Fonds. Da die Bermuda Trust Limited eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Bank of Bermuda Limited ist, welche ihrerseits seit 2004 eine Tochtergesellschaft der HSBC Holdings Plc ist, sind die Verstöße –nach Auffassung des Klägers- dem Mutterkonzern über § 278 BGB zuzurechnen. Hierdurch wurde eine effektive Kontrolle des agierenden Fonds-Managers durch die agierende Depotbank unmöglich, da beide Aufgaben in einer Hand zusammenfielen. In den Fondsprospekten war die grundsätzliche Möglichkeit zur Übertragung der Aufgaben des Fonds-Managers und der Depotbank erwähnt. Die zu beauftragenden Dritten wurden namentlich nicht benannt. Es wurde im Fondsprospekt auch nicht erwähnt, dass es sich jeweils um Gesellschaften der Madoff-Gruppe handelte.

Dienstag, 17. Januar 2012

Hinterm Horizont geht's weiter! BGH verhandelt am 14. Februar 2012 erneut wegen Lehman-Zertifikaten

Quelle: Bundesgerichtshof Pressemitteilung


XI ZR 411/10
LG Frankfurt/Main - Urteil vom 21. Mai 2010 - 2/19 0 291/09
OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 3. November 2010 - 17 U 111/10
Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.
Im Januar 2007 investierten der Kläger und seine Ehefrau auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 50.000 € in eine "Alpha Express-Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines virtuellen Aktienkorbes sein, in den die dreißig dividendenstärksten Titel Europas Eingang fanden (DJ EURO STOXX Select Dividend 30 Index). Die Rückzahlung sollte neben dem eingesetzten Kapital - in Abhängigkeit von der relativen Kursentwicklung an bestimmten Stichtagen - gegebenenfalls einen Bonus umfassen. In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des um die sogenannte Underperformance des Aktienkorbes im Vergleich zum DAX Index gekürzten Nominalbetrages vorgesehen, was zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen konnte.
Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen zuzüglich fiktiver Anlagezinsen.
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten bejaht. Die Beklagte hafte schon deshalb, weil sie den Kläger und dessen Ehefrau im Beratungsgespräch unstreitig nicht über die von ihr vereinnahmte Vertriebsprovision in Höhe von 5 % aufgeklärt habe. Zwar liege keine Rückvergütung im Sinne der „Kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, allerdings komme es für die Begründung einer Aufklärungspflicht auch nicht auf die begriffliche Bezeichnung an. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Da neben dem Umstand, dass die Beklagte überhaupt eine Vertriebsprovision erhalten habe, auch deren konkrete Höhe zu offenbaren sei, könne im Übrigen die Produktinformation die Beklagte nicht entlasten; denn dort sei lediglich allgemein die Möglichkeit der Zahlung einer Vertriebsvergütung genannt.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Der Anleger wurde vor dem OLG Frankfurt am Main  von RA Matthias Schröder, Frankfurt am Main, LSS Rechtsanwälte vertreten
http://www.lss-partner.de/

Auszug aus der Urteilsbesprechung BGH XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10 jurisPRBank- und Kapitalmarktrecht von RA Schröder

Auszug: [...]

Problemstellung:

Um die Pflicht zur anlegergerechten Beratung zu erfüllen, muss die beratende Bank grundsätzlich in jedem Einzelfall prüfen, ob ein von ihr empfohlenes Wertpapier den Vorstellungen und Vorgaben des Anlegers gerecht wird (anlegergerechte Beratung) und des weiteren alle für die Anlageentscheidung risikorelevanten Umstände von wesentlicher Bedeutung mitteilen (objektgerechte Beratung). Seit der für die Bankenhaftung im Zusammenhang mit der Anlageberatung grundlegenden Bond-Entscheidung des BGH (Urt. v. 06.07.1993 - XI ZR 12/93) hat keine bislang populäre Wertpapiergattung die Gerichte diesbezüglich vor größere Herausforderungen gestellt. Mit dem Jahre 2008 und den massenhaft eingetretenen Schäden mit sog. „Zertifikaten“ hat sich dies grundlegend geändert. Die instanzgerichtliche Beurteilung, wie riskant ein Zertifikat ist, ob es zu den Vorgaben und Vorstellungen des Anlegers passt und was im einzelnen in Bezug auf die Risiken mitzuteilen ist, hätte in den Jahren 2008 bis 2011 nicht unterschiedlicher ausfallen können (vgl. die Beurteilungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Frankfurt am Main zum sog. „Global Champion-Zertifikat“; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.03.2011 - 19 U 248/10 und OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.07.2011 - 17 U 117/10). Spätestens seit dem Jahre 2010 blickten sämtliche Instanzgerichte, aber auch die beteiligten Rechtsanwälte auf Anleger- und Bankenseite, mit Spannung nach Karlsruhe. Die Erwartung bezüglich einer schnellen Entscheidung wurde enttäuscht. U.a. auch deshalb, weil ein beteiligtes Kreditinstitut wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung im April 2011 mehrere Rechtsmittel zurücknahm und dem XI. Zivilsenat damit die bereits vorbereitete Klärung zahlreicher Probleme unmöglich machte. Ein knappes halbes Jahr später war es dann mit den hier besprochenen Entscheidungen soweit, dass der XI. Zivilsenat erste Klarheit schaffen konnte.

Inhalt der Entscheidungen;

[...]

A.      Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Sachverhalte der beiden Entscheidungen des BGH vom 27.09.2011 (XI ZR 182/10 und XI ZR 178/10) ähneln sich in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten stark. Die Anleger erwarben einmal im Dezember 2006 (XI ZR 178/10) und einmal im September 2007 (XI ZR 182/10) bei der gleichen Bank Zertifikate der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B.V. Während das im Jahre 2006 emittierte Zertifikat als Basiswert einen sog. Aktienkorb aus verschiedenen DAX-30-Werten hatte, setzte das im Folgejahr aufgelegte Papier auf die Entwicklung des Dow Jones EURO STOXX 50 Preisindex. Beide Zertifikate hatten Laufzeiten von mehr als vier Jahren und trugen ein Garantieversprechen der Emittentin bzw. der Muttergesellschaft der Emittentin als Garantin auf vollständige Rückzahlung zum Nennwert (ohne Ausgabeaufschlag). Auf die Feinheiten bezüglich der Ausgestaltung der Wertpapiere und die ggf. durchaus feststellbaren Unterschiede in den Kenntnissen, Erfahrungen und Einstellungen der Anleger kam es bei der revisionsrechtlichen Untersuchung aufgrund der feststehenden Sachverhalte nicht an. Der XI. Zivilsenat des BGH hatte vor allem zugrunde zulegen, dass die beklagte Bank die Wertpapiere vor der Beratung „von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an die Kläger veräußert hat“ und den Klägern darüber hinaus in den Vorinstanzen der Beweis der fehlenden Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko nicht gelungen war. Angriffe, bezogen auf die Pflicht zur anlegergerechten Beratung, spielten revisionsrechtlich in beiden Verfahren keine Rolle, und so überrascht es nicht, dass die Begründungen der Urteile nahezu deckungsgleich sind. Damit drängt sich die gemeinsame Besprechung der Entscheidungen auf. Das Landgericht Hamburg hatte beiden Klagen stattgegeben. Gegen die Aufhebung der begünstigenden Berufungsentscheidung durch das Oberlandesgericht Hamburg legten die Kläger das zugelassene Rechtsmittel der Revision ein. Der BGH hat die Revisionen zurückgewiesen. Der BGH ging – wie die Vorinstanzen – vom Vorliegen eines Anlageberatungsvertrages aus. Pflichtverletzungen im Rahmen der geschuldeten Anlageberatung konnte der BGH nicht erkennen.

Die beiden Entscheidungen des XI. Senats des BGH stellen in Bezug auf den Pflichtenkreis der Bank im Zusammenhang mit der objektgerechten Beratung eine konsequente und gut begründete Weiterentwicklung der sog. Bond-Entscheidung und der danach ergangenen Rechtsprechung des Senats dar und verdienen - mit Ausnahme der Behandlung des Problemkreises der Gewinnmargen - uneingeschränkte Zustimmung.

I.         Konkretes Emittentenrisiko

Es dürfte sich von selbst verstehen, dass ein „konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder Garantin“ bei einer Schuldverschreibung zu denjenigen Eigenschaften und Risiken gehört, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Frage konnte mit der allgemeinen Definition des XI. Senats zur objektgerechten Beratung bereits gelöst werden. Der argumentativ eher unterstützende Rückgriff des Senats auf die streitgegenständliche Aufnahme der Papiere in das „Anlageprogramm“ der Beklagten war zur Begründung der entsprechenden Pflicht nicht notwendig. Spannend wird die zukünftig notwendige Positionierung des Senats, ab wann Banken bei ordnungsgemäßer Prüfung ein konkretes Insolvenzrisiko hätten erkennen können. Hier bedarf es auf der Seite der Anleger zunächst eines entsprechenden Vortrages. Der erste streitgegenständliche Erwerb im Dezember 2006 z.B. lässt eine solche Darlegung wohl mangels Anknüpfungspunkt kaum zu. Spätere Erwerbe - vor allem die im Jahre 2008 - oder die nicht selten nach früheren Erwerben erfolgten Nachberatungen (z.B. aufgrund beobachteter Kursrückgänge) lassen hier einen entsprechenden Vortrag und Nachweis zu (vgl. für den Zeitpunkt 11.08.2008, OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.09.2011-3 U 10/11 mit zahlreichen Hinweisen auf Ratingrückstufungen und relevante negative Presseberichterstattung ab Juni 2008 oder OLG Hamburg Urt. v. 27.06.2011- 6 U 110/10).

 Allgemeines Emittentenrisiko 

Selbstverständlich hat auch der Umstand, dass die Rückzahlung der Anleihe grundsätzlich von der Bonität oder dem Fortbestand des hinter der Anleihe stehenden Unternehmens abhängt, wesentliche
[mehr demnächst im jurisPRBank- und Kapitalmarktrecht]