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Donnerstag, 19. Januar 2012

Sparkasse nimmt Revision in Lehman-Prozess kurz vor der mündlichen Verhandlung beim BGH zurück

Sparkasse nimmt Revision in Lehman-Prozess kurz vor der mündlichen Verhandlung beim BGH zurück
XI ZR 411/10

Anlegerfreundliche Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zur Aufklärungspflicht über Provisionen damit rechtskräftig

Am 14. Februar wollte der Bundegerichtshof erneut über einen der sog. „Lehman-Fälle“ verhandeln. Ein Anlegerpaar aus Frankfurt am Main hatte nach der Insolvenz von Lehman im Jahre 2008 geltend gemacht, dass sie nicht über die von Lehman an die beklagte Sparkasse gezahlten Provisionen aufgeklärt worden seien. Im Januar 2007 investierten der Kläger und seine Ehefrau auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 50.000 € in eine "Alpha Express-Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines virtuellen Aktienkorbes sein, in den die dreißig dividendenstärksten Titel Europas Eingang fanden (DJ EURO STOXX Select Dividend 30 Index). Die Rückzahlung sollte neben dem eingesetzten Kapital - in Abhängigkeit von der relativen Kursentwicklung an bestimmten Stichtagen - gegebenenfalls einen Bonus umfassen. In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des um die sogenannte Underperformance des Aktienkorbes im Vergleich zum DAX Index gekürzten Nominalbetrages vorgesehen, was zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen konnte. Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen zuzüglich fiktiver Anlagezinsen.

Das Landgericht (LG Frankfurt/Main - Urteil vom 21. Mai 2010 - 2/19 0 291/09) hat der Klage bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 3. November 2010 - 17 U 111/10).

Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten bejaht. Die Beklagte hafte schon deshalb, weil sie den Kläger und dessen Ehefrau im Beratungsgespräch unstreitig nicht über die von ihr vereinnahmte Vertriebsprovision in Höhe von 5 % aufgeklärt habe. Zwar liege keine Rückvergütung im Sinne der „Kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, allerdings komme es für die Begründung einer Aufklärungspflicht auch nicht auf die begriffliche Bezeichnung an. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Da neben dem Umstand, dass die Beklagte überhaupt eine Vertriebsprovision erhalten habe, auch deren konkrete Höhe zu offenbaren sei, könne im Übrigen die Produktinformation die Beklagte nicht entlasten; denn dort sei lediglich allgemein die Möglichkeit der Zahlung einer Vertriebsvergütung genannt.

Nachdem der XI. Zivilsenat anlässlich seiner ersten beiden Urteile in Sachen Lehman sehr deutlich darauf hingewiesen hatte, dass zahlreiche Revisionen mit sehr unterschiedlichen Sachverhalten anhängig seien und auch anlegerfreundliche Entscheidungen in Betracht kommen, wurde mit Spannung den nächsten Verhandlungen entgegen gesehen. Der BGH hatte zwei Verfahren ausgewählt, eines davon das hier interessierende gegen die Frankfurter Sparkasse. Rechtsanwalt Matthias Schröder, der die Anleger vor dem OLG Frankfurt am Main vertreten hatte: „wir waren uns so sicher, wie man nur sein kann, dass die in diesem Fall feststehende Gestaltung der Provisionszahlung zwischen Bank und Lehman vom BGH sanktioniert worden wäre“. Der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und  Kapitalmarktrecht sieht in dem hier interessierenden Fall gravierende Unterschiede zu den Fällen, die im September 2011 vom Senat zu Gunsten der Bank entschieden worden; z.B. lag kein sog. „Eigenhandel“ und kein „Festpreisgeschäft“ vor. Schröder freut sich für seinen Mandanten und hätte dennoch den Sieg gerne auf dem Spielfeld und nicht durch Aufgabe des Gegners errungen. Es war für den Rechtsanwalt das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass die Frankfurter Sparkasse eine Entscheidung des 17. Zivilsenates des OLG Frankfurt mit der Revision angegriffen und dann kurz vor der Verhandlung aufgegeben hat.   

RA Matthias Schröder

Kaiserhofstr.10

60313 Frankfurt am Main

Tel. 0175/5270727 

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